Die Wirbelsäule

Die Wirbelsäule stellt das zentrale Achsenorgan des Menschen dar und verbindet den Kopf mit dem Becken, stabilisiert den Rumpf, trägt die Arme und schützt das im knöchernen Spinalkanal liegende Rückenmark.

Anatomie der Wirbelsäule

Man unterteilt die Wirbelsäule in die Halswirbelsäule (sieben Halswirbelkörper), die Brustwirbelsäule (zwölf Brustwirbelkörper), die Lendenwirbelsäule (fünf Lendenwirbelkörper), das Kreuzbein und das Steißbein. Damit die Statik und Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule möglich ist, sind die einzelnen Abschnitte gekrümmt.

Die Wirbelsäule besteht aus knöchernen Elementen, nämlich den Wirbeln. Der nach vorne gerichtete Wirbelkörper trägt die Hauptlast des Rumpfes (ca. 80%). Hinten angebracht (rückenwärts) liegt der Wirbelbogen mit der Gelenkfortsatzreihe und dem Dornfortsatz (20%). Dadurch entsteht in der Mitte der Wirbelkanal (Spinalkanal) in dem das Rückenmark und im Lendenwirbelsäulenbereich die einzelnen Nervenfasern im Duralsack verlaufen. Das Rückenmark endet meist in Höhe des 12. Brust- oder 1. Lendenwirbelkörpers.
 

Die Bewegungen der Wirbelsäule erfolgen im sogenannten Bewegungssegment. Hierunter versteht man zwei angrenzende Wirbelkörper mit den dazwischenliegenden und für die Bewegung wesentlichen Strukturen, wie Bandscheibe, Knorpelplatten, Wirbelgelenken, Bändern und Muskeln, einschließlich der dazugehörigen Nervenstrukturen. Die Wirbelsäule des Menschen hat 25 Bewegungssegmente, wobei die beiden obersten keine Bandscheibe besitzen. Somit liegen üblicherweise 23 Bandscheiben vor.

In den Bewegungssegmenten der Wirbelsäule spielen sich die wichtigsten krankhaften Veränderungen an den Bandscheiben ab. Besonders betroffen ist die Lendenwirbelsäule, da hier eine ausgiebige Beweglichkeit und hohe Belastung vorliegen. Lumbalsyndrome stellen etwa zwei Drittel der Wirbelsäulenerkrankungen, Cervicalsyndrome etwa ein Drittel. Auf die Brustwirbelsäule entfallen knapp 2% der Erkrankungen, da aufgrund der guten Stabilisierung durch die Rippen und den Brustkorb dieser Abschnitt hoch belastbar ist.

Aufbau der Bandscheibe

Die Bandscheibe wird von zwei knorpeligen Abschlussplatten mit darunterliegendem kompakten Knochen sowie einem Faserring, dem Anulus fibrosus, begrenzt. Dieser ist an den Randleiste der Wirbelkörper befestigt. Der Faserring ist vorn und seitlich kräftiger als hinten (in Richtung Wirbelkanal) ausgebildet, wobei das hintere Längsband den Faserring im mittleren Anteil verstärkt. Somit besteht eine schwache Stelle im hinteren seitlichen Abschnitt, gerade dort, wo die Nervenwurzeln nahe dem Faserring vorbeilaufen.

In der Mitte der Bandscheibe liegt ein Gallertkern (Nucleus pulposus). Er weist eine hohe Wasserbindungsfähigkeit auf, so dass er wie ein elastisches Wasserkissen Stöße abfedert und Bewegungen der Wirbelkörper miteinander ermöglicht. Aufgrund des hohen Druckes, der in aufrechter Körperhaltung auf den Bandscheiben ruht, ist eine Blutversorgung der Bandscheiben nicht möglich. Sie werden durch Körperflüssigkeit ernährt, die in entlastender Körperhaltung aufgrund des hohen Wasserbindungsvermögens des Bandscheibenkernes in die Bandscheibe einfließt. Unter Belastung wird diese Flüssigkeit wieder ausgedrückt, so dass der Mensch abends ein bis zwei Zentimeter kleiner als morgens sein kann. Dies schafft die Möglichkeit eines erneuten Flüssigkeitseinstroms in der nachfolgenden Ruhephase.

Erkrankungen der Wirbelsäule

Bandscheibenverschleiß (Chondrose)

Der Verschleiß an den Bandscheiben ist häufig ein Ausgangspunkt für Rückenschmerzen.  Doch was bedeutet Verschleiß? Mit Verschleiß oder auch Abnutzung (Degeneration) sind die Folgen einer dauerhaften Beanspruchung gemeint.

Zwischen den Wirbeln befinden sich die 23 Bandscheiben des Körpers. Nur zwischen dem Schädel, dem ersten Halswirbel und dem ersten und zweiten Halswirbel befinden sich keine Bandscheiben.

Jede dieser Bandscheiben besteht aus zwei Teilen: einem äußeren Ring aus Faserknorpel und einem inneren, federnden Kern, der wie ein flüssigkeitsgefülltes Kissen aufgebaut ist. Die Bandscheiben ermöglichen ein leichtes Verwinden der Wirbelkörper zueinander, so dass über mehrere Wirbelelemente die Drehungen und seitlichen Bewegungen unseres Rumpfes möglich werden. Gleichzeitig dienen die Bandscheiben als „Stoßdämpfer“ zwischen den Wirbeln.

Damit haben sie die komplexe Aufgabe, der Wirbelsäule Stabilität zu geben und gleichzeitig Mobilität (Bewegung) zu ermöglichen.

URSACHEN

Im Laufe des Lebens wirken viele Belastungen auf die Wirbelsäule ein. Durch natürlichen Verschleiß verlieren die Bandscheiben mit der Zeit ihre Pufferfunktion und büßen an Höhe ein. Anfangs bemerken Betroffene diesen Abnutzungsprozess kaum. Doch Bewegungsmangel,  Übergewicht, vorangegangene Verletzungen oder fortschreitendes  Alter können den Verschleiß so weit vorantreiben, dass Folgeerkrankungen entstehen.

Der Verschleißprozess beginnt schon in jungen Jahren. Die Bandscheiben verlieren die Fähigkeit, Feuchtigkeit im Gewebe zu halten und büßen dadurch ihre Höhe ein. Sie sacken zusammen und trocknen quasi aus. Dadurch können sie die Reibung zwischen den Wirbeln nicht mehr dämpfen. Sie verliert ihre Pufferfunktion.

Die daraus resultierende Instabilität führt zu zunehmenden Schmerzen und einem Gefühl, als würde man „in der Mitte durchbrechen“. Die angrenzenden Wirbel und kleinen Gelenke werden stark überlastet. Jede Bewegung wird zur Qual.

Damit wird die Basis für weitere Erkrankungen gelegt, wie z.B.:

  • Bandscheibenvorwölbungen oder -vorfälle,
  • Verschleiß der Wirbelgelenke (Wirbelgelenkarthrose, Facettensyndrom)
  • Wirbelgleiten (Olisthese) oder Instabilität der Wirbelsäule

SYMPTOME

Eine fortgeschrittene Bandscheibenabnutzung macht sich häufig durch Rücken- oder Nackenschmerzen bemerkbar. Vor allem das Heben von schweren Lasten oder lange Tätigkeiten im Sitzen führen dann zu starken Schmerzen. Die Intensität und Dauer der Schmerzen verstärken sich mit dem Fortschreiten des Verschleißes. Durch den Verlust der Bandscheibenhöhe kommt es zu Einengungen des Nervenaustrittskanals, welche auch zu Schmerzausstrahlung in Bein oder Arm, Kribbeln und Taubheitsgefühl führen können.

THERAPIE

Die durch die abgenutzte Bandscheibe hervorgerufenen Schmerzen lassen sich sehr oft durch konservative Therapien wie Krankengymnastik, manuelle Therapie, Infusionen, Magnetfeldtherapie, Akupunktur oder Strombehandlung lindern.

Bandscheibenprothese

Seit über 10 Jahren gibt es Bandscheibenprothesen. Nach vielen Verbesserungen sind künstliche Bandscheiben inzwischen eine ernsthafte und weit verbreitete Therapie bei Degeneration der Bandscheiben. Vor jeder operativen Maßnahme sollten jedoch, sofern es sich nicht um einen Notfall handelt, zunächst alle nicht-operativen Therapiemaßnahmen ausgenutzt werden.

Der  optimale  Zeitpunkt  einer  Bandscheibenprothesenimplantation kann  aber auch verpasst werden. Wenn sich auf Grund einer Bandscheibendegeneration (Höhenabnahme, Wasserverlust der Bandscheibe) eine größere Wirbelsäuleninstabilität und Folgedegeneration anderer Wirbelkörperstrukturen entwickelt hat, kann eine Endoprothese kaum mehr eingesetzt werden.

Eine Bandscheibenprothese besteht aus zwei Kobalt- Chrom-Molybdän Metallplatten. Die Metalloberfläche ist mit Titan oder Hydroxylapatit beschichtet. Die raue Oberflächenbeschaffenheit und die Beschichtung der Metallplatten ermöglichen ein gutes knöchernes Anwachsen der Prothese an die angrenzenden Wirbelkörper.

Um die Bewegungen der Wirbelsäule mitmachen zu können, befindet sich zwischen den Metallplatten ein Kern aus Kunststoff (Polyethylen) oder Metall. Bei der Seitneigung sowie Vor- und Rückbeugung erfolgen die Wirbelsäulenbewegungen über die Achsen dieses Bandscheibenkernes.

Morbus Scheuermann

Kommen beim Jugendlichen weiche Wirbelkörperabschlussplatten, ein hohes Körpergewicht aufgrund eines Wachstumsschubes und Haltungskonstanz mit Verlagerung des Bandscheibenkernes zusammen, können die Abschlussplatten der Wirbelkörper geschädigt werden, Bandscheibengewebe wird in die Wirbelkörper eingedrückt und es bildet sich ein sog. Schmorl’sches Knötchen. Mit Abschluss des Körperwachstums ist der M. Scheuermann meist ausgeheilt. Nur selten kommt es dabei zu Verbiegungen der Wirbelsäule. Obgleich Patienten nach einem M. Scheuermann häufig vermehrt mit Wirbelsäulenbeschwerden konfrontiert sind.

Bandscheiben-Degeneration

Da die Ernährung der Bandscheiben von einer wechselnden Körperhaltung und Belastung abhängig ist, dies bei moderner Lebensweise aber immer weniger beachtet wird, kommt es in immer jüngeren Lebensjahren zur Degeneration des Bandscheibenringes. Ist im mittleren Lebensalter der Gallertkern noch wenig degeneriert und baut er daher noch einen hohen Druck auf, kann er sich in Rissen im Faserring zum Rand der Bandscheibe vorarbeiten. Dies geschieht am häufigsten zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr. Klemmt sich ein Teil des Bandscheibenringes in den äußeren Bereichen des Faserringes ein, so wird das reich mit Nerven versorgte hintere Längsband unter Spannung gesetzt. Es entsteht ein starker örtlicher Schmerz (Lumbago). Die Muskulatur des Rückens verspannt sich und verhärtet sich, um Bewegungen des schmerzhaften Wirbelsäulenabschittes zu verhindern. Es entsteht das Krankheitsbild der Lumbago (Hexenschuss).

Bandscheibenprotrusion (Bandscheibenvorwölbung)

Wölbt sich die Bandscheibe über ihre anatomische Begrenzung hinaus vor, sprechen wir von einer Protrusion. Inneres Derangement und Protrusion sind voll rückbildungsfähig. Eine Bandscheibenprotrusion ist als physiologisch zu betrachten und bedarf keiner operativen Therapie.

Bandscheibenprolaps (Bandscheibenvorfall)

Der Gallertkern der Bandscheibe kann sich durch Risse im Faserring vorwölben. Man spricht von einem Bandscheibenvorfall (Prolaps). Dieser bildet sich kaum noch zurück. Da das vorgefallene Bandscheibengewebe nicht mehr am physiologischen Stoffaustausch teilnimmt, schrumpft es und hierdurch kann die klinische Symptomatik verschwinden und im Idealfall bildet sich der Bandscheibenvorfall dann wieder zurück. Der Bandscheibenvorfall ist gedeckt, wenn die äußere Hülle der Bandscheibenbegrenzung stehen bleibt. Bei einem freien (perforierten) Vorfall wird Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal versprengt.

Welche Krankheitserscheinungen ein Bandscheibenvorfall verursacht, variiert entsprechend der anatomischen Gegebenheiten. Liegt ein weiter Spinalkanal vor und können Nervenfasern ausweichen, so kann auch ein großer Bandscheibenvorfall ohne wesentliche Symptomatik vorliegen. Ist der Wirbelkanal eng, so dass die Nervenwurzeln nicht ausweichen können, und wölbt sich die Bandscheibe in die Nachbarschaft einer Nervenwurzel vor, so kann bereits eine kleine Vorwölbung zu erheblicher Reizung der Nervenwurzel führen. Es entsteht an der Lendenwirbelsäule das Krankheitsbild der Lumboischialgie (Ischias), da der Schmerz im Verlauf der Nervenwurzel empfunden wird.

BANDSCHEIBENPROLAPS L4/L5

Häufig von einem Bandscheibenvorfall betroffen ist die Bandscheibenetage L4/L5. Durch ihn wird der fünfte lumbale Spinalnerv gereizt. Klassischerweise ist ein Rückenschmerz, der über die Außenseite des Ober- und Unterschenkels über den Spann bis hin zur Großzehe ausstrahlt. In diesem Areal kann die Sensibilität herabgesetzt sein. Die Kraft des Großzehen- und Fußhebermuskels kann beeinträchtigt sein, was beim Hackengang auffällig wird.

BANDSCHEIBENPROLAPS L5/S1

Ist die unterste Bandscheibe L5/S1 betroffen, strahlt der Schmerz  über die Rückenseite des Ober- und Unterschenkels zur Fußaußenkante und der Fußsohle aus. In diesem Areal ist das sensible Empfinden gestört. Die Kraft der Fuß- und Zehensenker kann beeinträchtigt sein, so dass ein Zehengang nicht mehr möglich ist.

DIAGNOSTIK

Entsprechendes gilt für alle Segmente der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule. Durch die an Armen und Beinen feststellbare Symptomatik kann in typischen Fällen und bei subtiler neurologischer Untersuchung die Höhe eines Bandscheibenvorfalles meist bereits klinisch diagnostiziert werden. Zur gezielten Diagnostik werden eingesetzt: Röntgenaufnahmen, Computertomographie (CT), Kernspintomographie (MRT) und elektrophysiologische Untersuchungen (EMG/NLG/SEP).

RADIKULÄRE SYMPTOMATIK

Sind die Nervenwurzeln in der erwähnten Weise direkt betroffen, spricht man von einer radikulären Symptomatik. Liegen ähnliche Schmerzausstrahlungen vor, ohne dass die Nervenwurzeln ursächlich betroffen sind, spricht man von einer pseudoradikulären Schmerzausstrahlung. Diese tritt häufig aufgrund unterschiedlicher Störungen der Wirbelsäule auf, die weiter unten beschrieben werden.

Skoliose

Eine Skoliose ist eine Verkrümmung der Wirbelsäule, bei der einzelne Wirbelkörper verdreht sind. Da eine Skoliose zunächst meist keine Beschwerden verursachen, wird sie oft nur zufällig entdeckt. Skoliosen entwickeln sich bevorzugt im Wachstumsalter bei Jugendlichen.

URSACHEN EINER SKOLIOSE

Zu etwa 90 Prozent entsteht die Wirbelsäulenverkrümmung ohne erkennbare Ursache: Diese sogenannte idiopathische Skoliose spielt besonders bei Kindern und Jugendlichen eine große Rolle. Zwar können schon Säuglinge  eine  verkrümmte Wirbelsäule haben, jedoch treten in den meisten Fällen Skoliosen erst im Alter von zehn bis zwölf Jahren auf.

Eine Skoliose kann kann sich auf dem Boden einer Grunderkrankung entwickeln. Die möglichen Auslöser reichen von angeborenen Fehlbildungen bis hin zu Muskel- oder Nervenschädigungen.

In  der  Regel  verursacht  eine  Skoliose  zunächst  keine  Schmerzen.  Die  Patienten merken anfangs wenig von dieser schwerwiegenden Deformität, durch die mit zunehmendem Lebensalter erhebliche Beschwerden entstehen können.

So kann zum Beispiel als Folge der Skoliose eine krankhafte Verkürzung des Rumpfes  entstehen.  Dadurch  verkleinert  sich  der  Raum,  den  innere  Organe  wie Herz, Lunge, Nieren, Magen und Darm einnehmen können. Das kann zu schweren Belastungen führen.

SYMPTOME EINER SKOLIOSE

Das Beschwerdebild bei Patienten mit einer Skoliose hängt von dem Schweregrad der Erkrankung ab. Im Kindes- oder Jugendalter verursachen Skoliosen jedoch nur in seltenen  Fällen  körperliche  Beschwerden.  Messbar  ist jedoch  schon  recht früh eine Einschränkung der Lungenfunktion, auch wenn der Patient diese noch nicht bemerkt. Jedoch kommt es oft schon im Jugendalter durch die Verformung und  Asymmetrie  des  Rumpfes  zu  einer  kosmetischen  Beeinträchtigung.

Symptome einer Skoliose sind:

▪ Unterschiedliche Höhe der Schultern, ein Schulterblatt steht weiter heraus als das andere
▪ der Kopf sitzt nicht direkt mittig über dem Becken
▪ eine Hüfte ist höher und steht hervor
▪ die beiden Seiten des Brustkorbs sind unterschiedlich hoch
▪ eine schiefe Taille
▪ Veränderungen in Aussehen oder Struktur der Haut über der Wirbelsäule
▪ der ganze Körper ist zu einer Seite geneigt
▪ eine Rippe steht hervor, wenn man sich nach vorne neigt

DIAGNOSE EINER SKOLIOSE

Wenn ein Verdacht besteht, kann eine Skoliose durch Röntgen  festgestellt werden. Die Schwere der Skoliose bestimmt nach dem Grad der Krümmung:

  • Leichte Skoliose: Winkel von mehr als 10, aber maximal 40 Grad
  • Mittelschwere Skoliose: ab 40 bis 50 Grad
  • Schwere Skoliose: über 50 Grad

Besteht der Verdacht auf eine Skoliose, braucht der Arzt eine großformatige Röntgenaufnahme der gesamten Lenden- und Brustwirbelsäule im Stehen, um die Diagnose Skoliose zu sichern. Mithilfe der Röntgen-Untersuchung kann der Arzt feststellen, an welcher Stelle die Wirbelsäule verformt ist, ob es sich also um eine thorakale, thorakolumbale oder lumbale Skoliose handelt.

Thorakal bedeutet, dass die Wirbelsäule in Höhe des Brustkorbs (Thorax) gekrümmt ist, bei einer thorakolumbalen Skoliose ist der Bereich zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule und bei einer lumbalen Skoliose die Lendenwirbelsäule gekrümmt.

THERAPIE EINER SKOLIOSE

Die Therapie einer Skoliose richtet sich nach dem Alter des Betroffenen, dem Schweregrad und der Ursache der Skoliose. Krankengymnastik, ein Korsett oder eine Operation kommen infrage.

  • Krankengymnastik

Eine Skoliose, die einen Krümmungswinkel kleiner als 20 Grad aufweist, wird überwiegend krankengymnastisch behandelt. Die Übungen sollen die Rumpfmuskulatur gezielt stärken und der Wirbelsäule mehr Halt geben. Dazu zählen: Dehn- und Kräftigungsübungen für geschwächte, beziehungsweise überdehnte Muskelpartien, dreidimensionale Übungen und Unterstützung durch gezielte Atemgymnastik.

  • Korsett

Wirbelsäulenkrümmungen  über 20 bis 25 Grad werden meistens mit einem individuell angefertigten Korsett aus leichtem Kunststoff behandelt, um eine weitere Deformation der knöchernen Strukturen zu vermeiden.

Das Korsett wirkt dem Verdrehen der Wirbelsäule entgegen. Es soll die Krümmungsprogredienz (Verschlechterung) aufhalten, zurückzudrängen und bestmöglich korrigieren sowie eine Wirbelsäulen-Operation verhindern. Für eine effektive Behandlung  muss  das  Korsett  möglichst  viel  getragen  werden  (üblicherweise
22  Stunden am Tag, also auch nachts).

  • Operation

Bei sehr störendem Rippenbuckel oder Lendenwulst, sehr ausgeprägter Skoliose oder bei einer sehr schnellen Zunahme der Verbiegung während des Wachstums muss eventuell eine Operation ins Auge gefasst werden. Häufig müssen dann Teile der Wirbelsäule stabilisiert werden, was zu einer gerade für junge Patienten unschönen lebenslangen Einschränkung führt.

Deswegen sollten konservative Therapieempfehlungen im Vorfeld mit aller Konsequenz verfolgt werden!

ÜBERGANGSSTÖRUNGEN

Anatomische Abweichungen beschleunigen die Bandscheibendegeneration. Dies ist besonders häufig am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein der Fall, da diese Region die entwicklungsgeschichtlich jüngste des menschlichen Skelettes ist. Erst mit dem Erwerb des aufrechten Ganges hat sie sich in der bestehenden Form gebildet. Häufig ist die Abgrenzung von Lendenwirbelsäule zu Kreuzbein nicht scharf, es treten dann auch bei einzelnen Menschen Übergangswirbel auf. So können 4 oder 6 freie Lendenwirbelkörper vorliegen oder es kann eine nur einseitige Verschmelzung der Rippenfortsätze des untersten Lendenwirbelkörpers mit dem Kreuzbein bestehen. Das Bewegungsverhalten des lumbosakralen Überganges ist hierdurch gestört, die darüber liegende Bandscheibe unterliegt einer vermehrten Belastung.

Wirbelsäuleninstabilität

Die Degeneration der Bandscheibe beginnt bald nach der Geburt, wenn aufgrund der sitzenden Körperhaltung und eines steigenden Körpergewichtes die Bandscheiben nicht mehr direkt durchblutet werden. Bis zum 2. Lebensjahr bilden sich die Blutgefäße, die zu den Bandscheiben führen zurück. Degenerative Veränderungen sind regelmäßig ab etwa dem 18. Lebensjahr nachweisbar. Sie führen im Laufe des Lebens eines Erwachsenen zur verminderten Wasserbindungsfähigkeit des Gallertkernes und zur Höhenabnahme der Bandscheiben (Osteochondrose). Geschieht dies rascher als die stabilisierenden Bänder schrumpfen, entsteht eine Lockerung im Bewegungssegment. Die Muskulatur versucht, Stabilität zu schaffen, ist hierzu jedoch nicht ausreichend in der Lage und wird überfordert. Dies ist ein häufiger Grund für Rückenschmerzen.

Fehlhaltungen der Wirbelsäule

Auch ohne das Vorliegen wesentlicher degenerativer Veränderungen können ähnliche Symptome durch anhaltende Fehlhaltungen und Fehlbelastungen hervorgerufen werden. Ungesunde Körperhaltung wird bereits in der Schule durch stundenlanges ruhiges Sitzen auf oftmals ungeeigneten Stühlen eingeübt, eine Korrektur unterbleibt mit dem Ausfall von Sportunterricht. Sie wird am Arbeitsplatz und in der Freizeit weiterhin praktiziert. Heutzutage sind dazu insbesondere die beruflichen Belastungen mit einer sitzenden Tätigkeit am Bildschirmarbeitsplatz zu benennen. Ein ergonomisches Design des Arbeitsplatzes kann dies trotzdem nicht verhindern. Beschwerden treten auf, wenn die Belastbarkeit durch Konstitution, anatomische Varianten und degenerative Veränderungen gestört ist.

Spinalkanalstenose

An der Lendenwirbelsäule sind die Wirbelgelenke schräg angeordnet, so dass die Gelenkflächen von cranial ventral nach caudal dorsal abfallen. Durch Höhenminderung der Bandscheibe kommen die Wirbelgelenke unter vermehrten Druck und die Wirbelkörper verschieben sich entlang der Gelenke. Der obere Wirbelkörper rutscht hierdurch nach hinten (Spondyloretrolisthese). Durch Höhenminderung der Bandscheiben, Retrolisthese und Osteophytenbildung wird das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale) eingeengt. Der Spinalnerv kann hier unter Druck kommen. Es entsteht das Krankheitsbild der Spinalstenose. Da der Drehpunkt für Bewegungen der Lendenwirbelkörper im hinteren Bandscheibenabschnitt liegt, vermindert sich der dem Spinalnerven zur Verfügung stehende Raum bei Rückbeugung. Dies kann diagnostisch bedeutsam sein. Zur Entlastung und Erweiterung des Wirbelkanaldurchmessers beugen sich die Patienten häufig nach vorne.

Morbus Baastrup

Durch die Annäherung der Wirbelkörper kann es zum Kontakt der Dornfortsätze kommen, insbesondere beim Zurückbeugen. Treten hier degenerative Veränderungen auf, sprechen wir von Morbus Baastrup (kissing Spine).

Facettensyndrom

Die Abflachung der Bandscheiben setzt die Wirbelgelenke unter erhöhten Druck. Sie entwickeln eine Arthrose (Spondylarthrose) durch Knochensklerosierung und randständige Ausziehungen (Osteophyten). Klinisch nennen wir das Krankheitsbild Facettensyndrom.

Anterolisthese

Stehen die Wirbelgelenke mehr in Sagittalrichtung (sind die Gelenkflächen mehr in Richtung vorne-hinten angeordnet) oder überwiegt die Höhenminderung der Wirbelgelenke gegenüber der Bandscheiben, kann es zum Vorgleiten des oberen Wirbelkörpers kommen (Anterolisthese, Pseudospondylolisthese).

Pseudoradikuläres Syndrom

Irritationen von Wirbelgelenken, Bändern oder Muskeln der Wirbelsäule führen zur Reizung der diese Gewebe versorgenden Nerven und Nervenzellen im zugehörigen Rückenmarksegment. In diesem Segment überwiegt die Repräsentation eines entsprechenden Anteiles des Armes oder Beines (Dermatom, Myotom, Sklerotom), denn in den Extremitäten liegen viel mehr Sinneszellen und motorische Einheiten als in der Wirbelsäule selbst. So empfindet das Großhirn eine Irritation des Wirbelsäulensegmentes als Gefühlsstörung oder Schmerz im entsprechenden Anteil von Arm oder Bein. Diese Symptomatik ähnelt der radikulären Symptomatik, ohne dass jedoch die Nervenwurzeln selbst Ursache dieser Störung sind. Man spricht daher von pseudoradikulärer Symptomatik. Gegenüber der radikulären Symptomatik ist die Schmerzausstrahlung diffuser und nicht umschrieben auf ein Dermatom bezogen. Weitere Anzeichen einer Spinalwurzelschädigung wie Nervendehnungszeichen, Reflexausfälle und Muskelschwächen fehlen in der Regel.

Psyche

Einen wesentlichen Einfluss hat die Psyche auf die Körperhaltung und die Schmerzwahrnehmung sowie die Schmerzverarbeitung bei Wirbelsäulenbeschwerden. Neben der gestörten Stimmungslage treten dann auch vermehrte Verspannungen in der Muskulatur auf. Viele Patienten verspüren dann auch Kopfschmerzen, die oft als Migräne missdeutet werden, aber eher einen Kopfschmerz vom Spannungstyp darstellen. „Wer buckelt und sich hängen lässt, hat wohl kein Rückgrat. Er könnte kreuzlahm werden oder es könnte ihm sogar das Kreuz brechen“. Es ist oft schwer zu verifizieren, ob jemand Wirbelsäulenbeschwerden hat, weil er psychische Probleme hat oder durch anhaltende Schmerzen psychisch auffällig wurde.

Weitere Erkrankungen:

  • Discitis

Bei der Discitis besteht eine Entzündung der Bandscheibe durch Bakterien, wie z.B. bei Tuberkulose, oder durch einen Sepsis mit Verbreitung der Bakterien im Körper. Auch nach operativen Eingriffen an der Wirbelsäule kann eine Discitis auftreten und dies stellt eine besondere Herausforderung dar, weil die Behandlung langwierig und hochkomplex ist. In vielen Fällen kann kein bakterieller Erreger nachgewiesen werden. In letzter Konsequenz müssen operativ die Wirbelkörper und Bandscheiben operativ entfernt und eine Fusionsoperation zur Wirbelsäulenstabilisation durchgeführt werden.

  • Spondylitis

Tumoren oder Entzündungen der Wirbelkörper führen zum Einschmelzen und können bei einem Wirbelkörperbruch oder weitere Ausdehnung in den Spinalkanal dann das Rückenmark schädigen.

  • Spondylolisthesis

An den Wirbelkörpern kann es zu ausgedehntem Wirbelgleiten kommen, wenn während des Wachstumsalters durch wiederholte Mikrotraumata bei entsprechender Anlage Spaltbildungen im Wirbelbogen auftreten. In der überwiegenden Zahl ist dies zwischen dem oberen und unteren Gelenkfortsatz der Fall (Spondylolyse). Besonders betroffen sind Berufstätige und Sportler, bei denen eine Stauchung der Wirbelsäule in Hyperlordose erfolgt (Turner, Speerwerfer). Es kann ein Wirbelgleiten (Spondylolisthese) einsetzen, das bis zum völligen Herabrutschen des oberen Wirbelkörpers vor dem unteren führt (Spondyloptose). Meist geschieht dies so langsam, dass keine Nervenwurzelkompression stattfindet. Spaltbildungen im Bereich der Dornfortsätze und Wirbelbögen (Spina bifida) gehören zum Formenkreis der Verschlussstörungen des Neuralrohres im Embryonalstadium (Myelomeningozele). Heutzutage werden diese Krankheitsbilder bereits während der Schwangerschaft mittels der sonographischen Früherkennung diagnostiziert.

  • Trauma

An Verletzungen sind Wirbelkörperfrakturen, Abbrüche der Dorn- und Querfortsätze häufig. Sie sind hoch schmerzhaft, heilen aber fast immer ohne spezielle Therapien folgenlos aus. Stauchungsverletzungen können zum Kompressionsbruch der Wirbelkörper führen. Sind der Wirbelbogen und die Wirbelkörperhinterkante nicht mit verletzt, sind diese Frakturen stabil und heilen fast immer nach einer Ruhigstellung aus. Entscheidend für das Ausmaß dauernder Beschwerden ist die resultierende Fehlstellung (Kyphose oder Seitfehlstellung). Sind gleichzeitig auch der Wirbelbogen und die Hinterkante verletzt, bedürfen sie meist der chirurgischen Stabilisierung. Vom Ausmaß der Verletzung abhängig, treten bei schweren Wirbelsäulenverletzungen neurologische Ausfälle bis hin zu einem Querschnittsyndrom auf. Diese sind häufig trotz einer chirurgischen Behandlung irreversibel.

  • Osteoporose

Oft entstehen Wirbelkörperfrakturen durch Bagatellverletzungen bei Osteoporose. Dies ist bei älteren Frauen besonders häufig, da Frauen nach der Menopause die knochenerhaltende Wirkung der Geschlechtshormone fehlt.

Bei Beschwerden der Wirbelsäule oder einem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall kann eine MRT der Wirbelsäule bei der Diagnose unterstützen.